Pleasing – und warum es Beziehungen zerstört
Aus aktuellem persönlichen Anlass widme ich mich heute einem meiner wichtigsten Beziehungsthemen – auch, weil ich es gerade erst wieder geschafft habe, meine eigene Beziehung beinahe an die Wand zu fahren. Natürlich nie nur aus einem einzigen Grund, aber wenn ich ehrlich mit mir bin, war mein innerer „Pleaser“ einer der Knackpunkte, die uns fast in die Trennung gebracht hätten.
Gleichzeitig erlebe ich gerade, wie massiv sich die Dynamik verändert, wenn ich mich besser einfange, nicht mehr pleasen gehe und mit meiner Aufmerksamkeit stärker bei mir bleibe. Und ich möchte heute bewusst die Männer ansprechen, denn ich sehe, wie weit verbreitet der Nice Guy bzw. Pleaser ist – und wie viel Leid er verursacht.
Der Pleaser ist einer der größten Beziehungskiller – und gleichzeitig einer der bequemsten, weil man mit ihm eine Menge vermeidet. Einen großen Teil meines Lebens habe ich mich in Beziehungen als Nice Guy bewegt. Rückblickend sind es immer die gleichen Punkte gewesen, an denen ich gescheitert bin:
Die Polarität ist eingebrochen. Meine Partnerin hatte immer weniger Lust auf mich. Ich habe mich an ihr Leben und an ihre Mission angepasst. Alles an mir wurde für sie mit der Zeit „anstrengend“.
Und ich bin unsicher, abhängig, leidend und bedürftig geworden. Wenn ich mich heute umschaue, sehe ich, wie viele Männer in genau diese Muster rutschen – und wie sehr es der Beziehung schadet, wenn wir aus unserer Mitte gehen, Verantwortung abgeben und es uns innerlich „bequem“ machen. Auch jetzt, in meiner aktuellen Beziehung, spüre ich sofort, welchen massiven Effekt es hat, wenn ich nicht gut bei mir bleibe.
Woran ich heute merke, dass ich wieder im Pleasing lande?
Ich scanne emotional ab, wie es meiner Partnerin geht, und passe mich an. Ich versuche, Konflikte im Ansatz zu ersticken. Ich habe keine klare Meinung, werde schwammig, überlasse Entscheidungen ihr, gebe mir extra Mühe aus innerer Spannung heraus und habe Angst, meine Meinung zu sagen. Ich halte den Mund, obwohl etwas los ist, mache mich klein, sage zu vielem Ja. Ich bin angespannt oder in einer dauerhaften Nervensystem-Aktivierung, werde unsicher statt wütend, entschuldige mich ständig, werde übervorsichtig – vor allem im Sexuellen.
Ich schleiche um sie herum, wenn sie emotional ist, habe Angst, mir zu nehmen, was ich wirklich will, fühle mich needy, werde emotional und leidend, suche nach kleinen Zeichen der Bestätigung. Die Liste könnte lange weitergehen. Aber am Ende läuft es auf eines hinaus: Im Pleasing verliere ich meine Kraft und meine Präsenz. Mein Selbstbewusstsein und meine Selbstachtung gehen verloren.
Und für viele Frauen – so erlebe ich es – hat das fast immer die gleichen Folgen: Sie werden gereizt, verlieren Lust, finden immer mehr an mir nervig, verschließen sich, langweilen sich, machen dicht. Ich bekomme genau das, was ich um jeden Preis verhindern will: Ablehnung, Distanz, Verurteilung und Härte. Und es liegt an mir, auszusteigen. Mich wieder an die Hand zu nehmen und in meine Kraft zurückzukommen.
Für mich war das einer der größten Wendepunkte in meinem Beziehungserleben.
Seit ich meinen Pleaser mehr im Griff habe, klarer bei mir bleibe, weniger vorsichtig bin und mich besser um mich selbst kümmere, hat sich unglaublich viel verändert – teilweise auf eine Weise, die ich als magisch bezeichnen würde. Wenn der Pleaser aktiv ist, ist der Weg in die emotionale Abhängigkeit nicht weit.
Ich mache meine Partnerin dann zur emotionalen Fürsorgerin und suche – meist unbewusst – nach Bemutterung. Ich suche Trost, Anerkennung und kleine Momente des Wohlbefindens. Der Pleaser aktiviert meine needy Seite, meine co-abhängigen Muster und meine Bindungswunden. Und ich bin überzeugt: Je erwachsener eine Beziehung geführt wird, desto weniger werden diese Wunden überhaupt aktiviert.
Wenn du als Mann aus dem Nice Guy bzw. Pleaser aussteigen willst, braucht es zuerst,
dass du mit deiner Aufmerksamkeit wieder mehr bei dir bleibst.
Dass du Grenzen hast.
Dass du wieder in Kontakt kommst mit deiner gesunden Lebensenergie, deiner Lust, deiner Ausrichtung und deiner männlichen Essenz.
Dass du dich daran gewöhnst, zu wollen und Entscheidungen zu treffen.
Dass du auch mal führst und riskierst, dass es für deine Partnerin nicht passt.
Dass du zugibst, wenn du gerade am Pleasen bist oder warst.
Dass du Konflikte und Reibung nicht länger meidest. Dass du wütend sein darfst und nicht mehr alles durchgehen lässt.
Dass du dich außerhalb der Beziehung nährst und auftankst.
Und vor allem: dass du nicht in Kontakt gehst, wenn du dich needy fühlst, um etwas zu bekommen. Das ist der totale Gamechanger.
Es lohnt sich, dich an dieser Stelle wirklich einzufangen und neue Wege zu gehen – auch wenn es nicht leicht ist. Ich dachte selbst, dass ich meinen Pleaser längst hinter mir gelassen hätte … bis ich so richtig gegen die Wand gefahren bin und mich über Monate gequält habe, während ich die Signale übersehen habe. Nur Mut – es geht.
Zum Schluss möchte ich dir zwei Bücher ans Herz legen, in denen viel Weisheit liegt:
David Deida – *Der Weg des wahren Mannes
Robert Glover – *No More Mr. Nice Guy*
Und ein Hinweis: Alles, was in diesen Büchern steht, kannst du nutzen, um tiefer in deine Kraft zu kommen – oder um dir eine neue Schein-Persönlichkeit zusammenzubasteln. Entscheidend ist, wie ehrlich du dir begegnest.
Wenn du dir Unterstützung wünschst, um aus deinem Pleaser auszusteigen und in deine Kraft zurückzufinden, melde dich gerne bei mir. An dieser Stelle bin ich sehr gerne im Service.